Georgien: Tag 1 - Tiflis - Assureti - Elisabethtal - Tiflis
- Taunustörtchen
- 7. Okt. 2020
- 8 Min. Lesezeit

Guten Morgen Tiflis! Guten Morgen Georgien!
Einen Tag zuvor war ich mit Turkish Airlines von Frankfurt über Istanbul nach Tiflis geflogen. In Istanbul hatte ich mich mit meinen anderen Mitreisenden getroffen, die aus Hamburg, Berlin und München kamen. Unser lokaler Guide wartete bereits am Flughafen in Tiflis auf uns und begleitete uns zu unserem Hotel in der Innenstadt. Als wir endlich das Hotel erreichten war die Uhrzeit bereits vorgeschritten, daher zogen wir uns relativ schnell auf unsere Zimmer zurück, um am nächsten Morgen fit zu sein. Am nächsten Morgen lachte die Sonne über der Millionenstadt und lud zu einer ersten Erkundung ein. Erst jetzt konnte man die Gegend um das Hotel wirklich wahrnehmen. Der Kontrast zwischen unserem sehr modernen Hotelkomplex und den umliegenden Gebäuden konnte nicht stärker sein.

In Tiflis haben wir im Brim Hotel (Link) übernachtet, das recht zentral, in der Nähe des Präsidenten Palastes [Bild: rechts unten] und der Sameba Kathedrale [Bild: links unten] liegt. Es ist ein sehr gepflegtes Hotel [Bild: links oben], mit einer schönen Dachterrasse, von der man einen tollen Blick auf die Kathedrale und die Stadt hat. Außerdem lädt sie nach einem anstregenden Tag zum verweilen ein. Die anderen Häuser der Gegend stehen architektonisch in einem starken Kontrast zum neuen Hotelkomplex. Trotz der teilweise verlassen wirkenden Häuser, waren die umliegenden Gebäude alle bewohnt [Bild: rechts oben]. Auch wenn uns ein solcher Lebensstandard ungewohnt erscheint, so handelt es sich hier um eine gute Gegend, in der man auch abends problemlos herumlaufen kann.

Assureti / Elisabethtal

Unser erster Ausflug sollte in das knapp 45 km entfernte Assureti gehen. Das ehemalige deutsche Dorf Elisabethtal wurde 1818 von 72 schwäbischen Zuwandererfamilien (württembergische chiliastische Pietisten) gegründet. Noch heute kann man den Ursprung an den Fachwerkhäusern erkennen, auch wenn diese zum großen Teil deutlich bessere Zeiten erlebt haben [Bild: links oben]. Bereits 1857 verließ mehr als die Hälfte der Bewohner das Dorf, das es zu Streitigkeiten in Religionsfragen gekommen war. Trotz der starken Abwanderung konnten die Bewohner das Dorf in eine wohlhabende Siedlung verwandeln. Neben einer eigenen Schule, gab es einen Kindergarten, einen Park, sowie ein Badehaus. Grundlage für den Erfolg war der Weinbau und das etwa 2 km entfernte Weingut, das mittlerweile still und leise verfällt. Nach der Annexion der Demokratischen Republik Georgien durch Sowjetrussland im Jahr 1932 kam es zur Zwangskollektivierung und Elisabethtal erhielt den georgischen Namen Assureti. Damit kam auch der Niedergang des Dorfes. Nachdem Hitler die Sowjetunion 1941 angegriffen hatte, wurden die meisten deutschstämmigen Bewohner nach Sibirien oder Kasachstan deportiert. Der alte Friedhof [Bild: rechts und links unten] im Nordwesten des Dorfes beherbergt noch einige alte Gräber mit deutschen Namen und ist ein stiller Zeuge der Vergangenheit. Mittlerweile gibt es sogar einen georgisch-deutschen Verein, der die Geschichte und Gebräuche bewahren möchte und die EU unterstützt einzelne Projekte ebenfalls, wie die neu angebrachten deutschen Straßenschilder [Bild: rechts oben].

Tbilisi / Tiflis
Die erste Frage die man sich als Reisender stellt, lautet: Heißt die Stadt nun Tiflis oder Tbilisi? Beide Namen tauchen in den verschiedensten Reiseführern auf. In Westdeutschland war vor allem der Name Tiflis verbreitet, der unter anderem auch von Marco Polo verwendet wurde und bis 1936 der offizielle Name der Hauptstadt war. Danach wurde der Name durch die sowjetische Führung an die örtliche Sprache angepasst und vortarn hieß die Hauptstadt Tbilisi. Dieser Name hat sich auch international durchgesetzt und war vor allem in der DDR verbreitet. Die Millionenstadt besticht durch ihren einzigartigen Charme, der Symbiose zwischen Moderne und Verfall, Orient und Okzident. Die verwinkelten Gassen der Altstadt laden zum Erkunden ein, das Bäderviertel Abanotubani versprüht orientalischen Charme und die Plattenbausiedlungen am Rande der Stadt weisen auf das sowjetische Erbe hin. Die Stadt erstreckt sich über 400 Höhenmeter auf beiden Seiten des Mtkvari Flusses und ist an drei Seiten von Bergen umgeben.

Nach etwa zwei Stunden Aufenthalt in Elisabethtal sind wir zurück nach Tiflis gefahren und unser Fahrer hat uns am berühmten Liberty Square (Tavisuplebis Moedani) raus gelassen, um unseren Tiflis Spaziergang zu starten. Am Liberty Square treffen sieben Straßen aufeinander und der große Kreisverkehr wird vom St. Georg Denkmal dominiert. Wir liefen am Pushkin Park vorbei, weiter die Aleksandir Pushkin Straße hinunter und kamen an der alten Stadtmauer vorbei. Folgt man der Straße weiter, kommt man unweigerlich an diesem netten Herrn vorbei. Es ist eine Statue um die Männer zu ehren, die sich früher um das Entzünden und das Putzen der Gaslaternen gekümmert haben.

Vor der Nikoloz Baratashvili Brücke bogen wir Richtung dem berühmten Gabriadze Theater und dessen schiefen Uhrenturm ab. Das Puppentheater besitzt Kultstatus, leider kommt man kurzfristig kaum an Karten, aber allein der Uhrenturm ist den Abstecher wert. Mittags um 12 Uhr kommt eine kleiner Engel aus einem Fensterchen heraus. Wir waren leider zu spät für dieses Schauspiel, trotzdem sollte man sich die Vielzahl an Details unbedingt genauer anschauen.

Von hier machten wir uns auf den Weg in die Obere Kala. Das Altstadtviertel hebt sich deutlich von den neuen Vierteln der Stadt ab. Die verwinkelten Gassen, die alten Holzbalkone mit Erkern und der Charme des Verfalls sind wohl einzigartig. Auch wenn einige der Gebäude sehr baufällig wirken, so sind die meisten Häuser bewohnt. In den Innenhöfen gedeihen Palmen und Kiwis, die bunte Wäsche flattert im Wind und es liegt eine unglaubliche Gelassenheit für eine Millionenstadt über dem Viertel.

Unser Weg führte uns weiter über den Maidan zum Alten Basar. Die hier liegenden Gassen wurden in den 1980er Jahren restauriert und man kann hier eine Vielzahl an Art-Deco Gebäuden finden. Vor allem Restaurants, Bars, Souvenir Geschäfte und kleine Kunsthandwerker Läden sind hier ansässig [Bild: rechts unten]. Auch wir legten hier einen Stop ein und machten eine verspätete Mittagspause. Viele Restaurants und Bars haben keine eigenen Toiletten für ihre Gäste, daher ist man auf öffentliche Toiletten angewiesen. Dies sollte man in seiner Planung bedenken. Die öffentlichen Toiletten sind ausgeschildert und einige haben eine Toiletten-Fee, die nach dem rechten schaut.

Die Friedensbrücke, die bei vielen Einheimischen wegen ihrer Form "Always Ultra" genannt wird, ist eines der markantesten Neubauten des modernen Tiflis. Die 150 Meter lange und überdachte Brücke verbindet die Altstadt mit dem neu angelegten Rike Park in der nähe des Präsidentenpalastes. Abends erleuchtet sie in den Farben der georgischen Flagge. Ob einem die moderne Architektur nun zusagt oder nicht, der Kontrast zwischen Altstadt und Moderne ist in kaum einer anderen Stadt so lebendig. Diese Gegensätze machen den Charme dieser Stadt aus, der im Laufe der Zeit, durch Renovierungen der Altstadt, langsam aber sicher verschwinden wird.

Wenn eines sicher ist, dann dass es Tiflis nicht an Kirchen mangelt. Unser Weg führte uns zunächst von der Oberen Kala in die Untere Kala. Dabei kamen wir an der alten verlassenen Kirche Surb Nshan vorbei [Bilder: links oben, rechts und links unten], die nichts von ihrer äußerlichen Schönheit eingebüßt hat. Die armenische Kirche wurde am Anfang des 18. Jahrhunderts erbaut und wurde vor kurzem durch einen Brand teilweise zerstört. Unsere Erkundungstour brachte uns zur Sioni Kathedrale. Da hier gerade eine Feier stattfand, haben wir auf einen Besuch der Kirche verzichtet [Bild: links oben]. Die Sioni Kathedrale gehört zu den klassischen Kreuzkuppelkirchen und beherbergt die heiligste Reliquie des Landes: Das Weinrebenkreuz der Heiligen Nino. Der Kirchenbau geht auf das 6./7. Jahrhundert zurück, ihr jetziges Aussehen erhielt sie nach mehrmaligen Zerstörungen im 18. Jahrhundert. Bis zur Fertigstellung der Sameba Kathedrale 2004 war die Sioni Kathedrale das wichtigste Gotteshaus der georgisch-orthodoxen Kirche.

Die schönste Aussicht über Tbilisi hat man von der Narikala Festung aus. Entweder man läuft einen der drei möglichen Wege hinauf oder man nimmt die Seilbahn vom Rande des Rike Parks nach oben. Die Seilbahn bietet seit 2012 einen spektakulären Blick über die Stadt während der gemütlichen Fahrt nach oben. Auch wenn der Name Narikala übersetzt unbezwingbar heißt, so zeigte die Geschichte, dass das eher ein frommer Wunsch als Realität war. Im Jahr 1827 ereilte die Festung schließlich ihr endgültiges Ende, als ein Schießpulver Arsenal der russischen Besatzer im Bauwerk explodierte und das halbe Gebäude sprengte. Wir haben uns für die Seilbahn nach oben entschieden und gondelten gemütlich über die Stadt und genossen die Aussicht. Zu touristischen Spitzenzeiten ist die Seilbahn sehr begehrt und man wird von den Mitarbeitern recht schnell in eine der Gondeln verfrachtet, die dann teilweise sehr voll sind. Nach wenigen Minuten erreicht man die obere Station und springt, während die Gondel weiterfährt, hinaus.

Der Blick über die Stadt ist wirklich unbezahlbar und zeigt die Kontraste von Tbilisi, die man von unten so nur erahnen kann. Die Mischung aus spiegelnden Wolkenkratzern, Wellblechdächern, bunten Balkonen und zahlreichen Kirchen lässt einen sprachlos werden. Daher sollte dieser Ausflug auf alle Fälle ein Programmpunkt bei einem Besuch dieser Stadt sein. Neben der Aussicht kann man die Mutter Georgiens Kartlis Deda aus nächster Nähe betrachten. Sie soll das Wesen der Georgier repräsentieren und hält hierfür einen Kelch mit Wein in der linken Hand, sowie ein Schwert in der rechten Hand. Dies soll einmal die Gastfreundschaft der Georgier symbolisieren, auf der anderen Seite steht das Schwert, dass das Land beschützen soll. Nach der Unabhängigkeit von der Sowjetunion wurde auch die Mutter Georgiens den neuen Umständen angepasst. So schaut sie nicht mehr demütig nach unten, sondern mit Stolz erhobenen Haupt blickt sie über ihre Stadt.

Unser Spaziergang führte uns von der Narikala Festung hinab zum Bäderviertel Abanotubani. Tbilisi erhielt seinen Namen durch die über 30 Thermalquellen, aus denen bis zu 47 °C heißes Wasser sprudelt. Das Wasser zeichnet sich durch seine kohlensäure-, eisen- und schwefelhaltigen Eigenschaften aus. Bereits zur Zeit der historischen Seidenstraße befanden sich auf dem jetzigen Gebiet verschiedene Bäder und ihr Ruf schallte über die Grenze hinaus. So versuchte sich unter anderem der persische Schah Aga Khan durch Bäder in Tbilisi von seinen Leiden zu befreien. Laut Überlieferungen war er impotent, andere Quellen berichten davon, dass er Eunuch war. Da konnten selbst die Heilbäder in Tbilisi nicht helfen. Zur Strafe machte er die Stadt dem Erdboden gleich. Im 19. Jahrhundert, zur Zeiten von Alexander Sergejewitsch Puschkin waren die Bäder verschwenderisch mit Marmor und Mosaiken verkleidet. Neben der entspannten körperlichen Reinigung dienten die Bäder für verschiedene gesellschaftliche Ereignisse. Hier wurden Geschäfte gemacht, Feste gefeiert, auf Brautschau gegangen oder mit Feinden verhandelt. Die Damen und Herren der oberen Gesellschaft badeten getrennt, daher wurden Kupplerinnen engagiert, die im Auftrag der Bräutigame auf Brautschau gingen.

Das Chreli Abano Bad [Bilder: Mitte rechts und unten] ist eines der auffälligsten Bäder mit seinen aufwendigen Mosaiken an der Außenfassade und erinnert an eine persische Madrese (Koranschule). Die älteren Bäder befinden sich unter der Erdoberfläche und sind durch die Kuppeln zu erkennen. [Bilder: linke Seite]. Dies hat den Vorteil, dass man durch diese Bauweise einen konstanten Wasserdruck erreichte. An dieser Stelle endete unser Rundgang durch Tbilisi und wir wurden von unserem Fahrer zurück zum Hotel gebracht. Nachdem wir uns kurz ausruhen und frisch machen konnten, wurden wir abends für ein echtes georgisches Gastmahl abgeholt.
Hierzu sind wir einmal quer durch die Stadt zum Mtatsminda, dem heiligen Berg, gefahren. Dieser ist mit 750 Metern der höchste Berg im Stadtgebiet und bietet neben einer tollen Aussicht, einem Vergnügungspark, dem Fernsehturm, auch eine Seilbahn, die einen hinauf und hinunter bringt. Wir sind jedoch direkt mit dem Auto hinauf gefahren und sind in das Restaurant Funicular (Link) eingekehrt. Dies ist sowohl bei Einheimischen, als auch bei Touristen sehr beliebt. Das Gebäude ist 1938 errichtet worden und diente bereits bei verschiedenen Filmen als Kulisse. Auf gehobene Preise sollte man sich hier einstellen, jedoch erhält man auch gute georgische und internationale Küche.

Ist die Sonne erstmal untergegangen so erstrahlt der Fernsehturm in verschiedenen Farben und man kann die Aussicht über die Lichter der Stadt genießen. Ein wirklich zu empfehlendes Erlebnis, auch wenn man nach dem anstrengenden Tag nicht jede Einzelheit so intensiv wahrnehmen konnte.

Zufrieden und satt von dem leckeren Essen und den vielen Eindrücken fuhren wir zurück zu unserem Hotel, wo wir uns spontan entschieden, noch einen kleinen Ausflug zur Sameba Kathedrale (Dreifaltigkeits-Kathedrale) zu unternehmen, die nur ein paar Gehminuten von unserem Hotel entfernt lag. Bis jetzt hatten wir die Kathedrale immer nur von weitem gesehen, da sie praktisch von fast allen Himmelsrichtungen zu sehen ist und selbst auf die Entfernung wirkt das Bauwerk imposant. Steht man jedoch direkt davor, erkennt man erst die Dimensionen des größten Kirchengebäudes der Kaukasus Region. Dessen aber nicht genug, etwa 15.000 Menschen finden im Inneren der Kathedrale platz und die Spitze des Kreuzes ist ganze 84 Meter hoch. Die schöne Illumination am Abend hat sorgt förmlich für ein Postkartenmotiv.

Am Ende des Tages lag ich genauso erschossen in meinem Bett, wie der Wauzi vor der Sameba Kathedrale. Am nächsten Morgen sollte es gleich um 7:00 Uhr losgehen, da wir eine lange Autofahrt vor uns hatten. Zum Glück kann man sich während der Fahrt etwas ausruhen.
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