Georgien: Tag 2 - Georgische Heerstraße - Jvari Kirche - Zhinvali-Stausee - Ananuri - Pasanauri
- Taunustörtchen
- 7. Okt. 2020
- 7 Min. Lesezeit

Tiflis - Georgische Heerstraße - Jvari Kirche - Zhinvali-Stausee - Ananuri - Pasanauri Autofriedhof - Gergeti Dreifaltigkeitskirche - Kasbek - Tiflis
Um 6 Uhr morgens klingelte der Wecker, um nach einer kurzen Nacht, ein kleines Frühstück und dann pünktlich zur Abfahrt am Auto zu sein. Wir würden heute sehr lange im Auto sitzen, denn auch wenn Google Maps die Strecke mit 3.5 Stunden angibt, so dauert sie eher 4.5 Stunden, da LKW und Traktoren nur schwer oder gar nicht überholt werden können. Und das ist dann nur die einfache Strecke, wir müssen abends zurück nach Tbilisi, aber mit einer netten Reisegruppe, ist so eine Fahrt ebenfalls Urlaub, wenn über Fotografie oder Reisen gesprochen werden kann.
Außerdem gibt es bei dieser Tagestour mehr als genügend Highlights. Unser finales Ziel ist die Dreifaltigkeitskirche von Gergeti. Jeder kennt das georgische Postkartenmotiv: Die Kirche vor dem Berg, also vor dem zweithöchsten Berg Georgiens, dem Kazbek (5047 m). Die Kirche beherbergte eine Langezeit das Weinrebenkreuz von Nino und war daher eine wichtige Wallfahrtskirche für die Gläubigen. Davor besuchen wir die nur 30 km von Tbilisi entfernte Dschwari / Jvari Kirche und die 60 km entfernte Ananuri Festung. Die grandiose Aussicht von Kreuzpass und dem georgisch-russichen Freundschafts-Denkmal werden für immer in Erinnerung bleiben!

Die Georgische Heerstraße war einst ein schmaler, gefährliche Gebirgspfad und bildete über Jahrhunderte die einzige Nord-Süd-Verbindung durch den Großen Kaukasus. An diesem strategischem Handelsweg kann man daher viele geschichtsträchtige Festungen und Kirchen finden. Heute heißt sie einfach E117 oder Fernstraße S3. Als Georgien sich ins Russische Reich eingliederte, wurde die Heerstraße eine wichtige und offizielle Verbindung zwischen Wladikawkas, dem Herrscher des Kaukasus in Russland und Tbilisi. Die einst schmale Handelstraße wurde befestigt und ausgebaut, außerdem kamen militärische Stützpunkte hinzu. Seit 1863 ist die Straße durchgängig gepflastert und mehrere Postkutschen-Stationen versorgten die Reisenden und deren Pferde. Durch den Ausbau der Eisenbahn verlor die Heerstraße zunehmend an Bedeutung und sie wurde zunehmend von Literaten und Studenten genutzt, die an den russischen Universitäten studierten. Alexander Puschkin soll mit seinen Gedichten über den Kaukasus einen regelrechten Reiseboom ausgelöst haben. Aber auch Leo Tolstoi, Maxim Gorki und Michail Lermontow hielten die landschaftliche Schönheit des Kaukasus in ihren Werken fest. Neben der wunderschönen Landschaft gab es aber auch die gefährliche Seite der Heerstraße: Steinschlag, Lawinen, Erdrutsche, Nebel, Schnee und Überfälle durch Räuber und Bergvölker die Wegzoll verlangten. Diese Praxis wurde in den 1990er Jahren durch die georgische Polizei wiederbelebt und daher war eine Reise auf dieser Straße bis zum Ende des 20. Jahrhunderts ein gefährliches Abenteuer. Zum Glück haben sich die Zeiten geändert und unsere Reise sollte mehr als sicher sein!
Jvari Kloster
Unser erstes Ziel war das Dschwari / Jvari Kloster von Mtskheta, das etwa 30 km (40 Minuten) von Tbilisi entfernt liegt. Die Anlage stammt aus dem 6. Jahrhundert und ist die älteste Kreuzkuppelkirche des Landes und zählt mittlerweile zum UNESCO Weltkulturerbe. Sie stellt damit ein Vorbild für viele andere religiöse Bauten in Georgien dar, die den Grundbau des Gebäudes übernommen haben. Die Heilige Nino ließ zum Zeichen des Sieges des Christentums auf dem Sagurani-Höhenzug ein Holzkreuz errichten und das dort zuvor stehende Kultbild des Gottes Ormudz wurde gestürzt. Es ist nicht genau überliefert, wann das Kreuz in den Kirchenbau integriert wurde. Der Steinsockel des ursprünglichen Kreuzes steht noch heute zentral in der Kirche. Der besondere architektonische Kreuzkuppelbau und das von Nino errichtete Holzkreuz spiegeln sich noch heute im Namen des Klosters wider. Jvari bedeutet Kreuz.

Durch die exponierte Lage hat man einen wunderschönen Blick über Mtskheta und den Zusammenfluss der beiden Flüsse Aragwi und Kura [Bild: oben]. Neben der Kirche sind die Glocken angebracht, die während des Gottesdienstes geläutet werden.

Zhinvali-Stausee
Folgt man der Heerstraße nach Norden, so trifft man auf den Zhinvali-Stausee der 1985 erbaut wurde. Dessen Wasser erzeugt im Hydroelektrizitätswerk von Zhinvali Strom, liefert Trinkwasser für Tbilisi und die Felder des Umlandes werden hiermit bewässert. Durch den Bau versanken das Dorf Ananuri der der untere Teil der Festung im See.

Ananuri Festung
Die Ananuri Festung ist zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert entstanden und zeigt wie mächtig die einstigen Markgrafen waren. Diese waren ständig in kriegerische Konflikte verwickelt und daher verwundert es auch nicht, dass keiner der Familie eines natürlichen Todes gestorben ist. Zum Andenken an das Schicksal der Familie ließ einer der letzten Erben die Maria-Himmelfahrtskirche ausmalen und die Fresken zeigen die Familie mit durchbohrten Augen. Leider war der Priester der Kirche sehr unfreundlich gegenüber Touristen, obwohl wir uns respektvoll gekleidet und verhalten haben. Durch den mittlerweile großen Besucherandrang kommt es leider zu unangenehmen Begegnungen, die meistens einem nicht persönlich gelten. Trotzdem machen sie die Besuche einzelner Kirchen und Klöster zu keinem schönen Erlebnis und ich habe teilweise auf den Besuch von Kirchen verzichtet. Die Festung beherbergt auf einem relativ kleinen Areal ein Sammelsurium an verschiedenen Gebäuden: Ein Wehrturm, ein stattliche Wehrmauer und eine Kirche [Bild: oben].

An der östlichen Seite der Anlage steht der oktogonale Glockenturm [Bild: links oben], von hier hat man einen schönen Blick über den Zhinvali-Stausee. Die Kirche Maria-Himmelfahrt erscheint, durch die enge Anordnung der einzelnen Gebäude, sehr imposant. Sie stammt aus dem Jahr 1689. Auf der Südseite der Fassade erkennt man über einer Tür links und rechts des Kreuzes einen Engel [Bild: rechts oben]. Darüber befindet sich ein Weinstock, der die immerwährenden reichen Früchte des Christentums symbolisieren soll.

Pasanauri
Am südlichen Ortsanfang von Pasanauri fließen der aus dem Osten kommende "klare schwarze" Aragvi und der aus dem Westen kommende "weiße" Aragvi zusammen. Durch die unterschiedlichen Sedimente erscheinen die beiden Flüsse heller und dunkler. Jedoch kann man dies besser bei Sonnenschein beobachten. Ich persönlich konnte hier kaum einen Unterschied sehen...

Pasanauri war zu Sowjetzeiten ein beliebtes Ausflugsziel und Luftkurort. Heute ist das bei den verwahrlosten Häusern kaum noch vorstellbar. Am nördlichen Ende des Ortes findet man einen privaten Autofriedhof. Gut, der Besitzer nennt es Museum und verlangt Eintritt, aber es gibt ein paar Schmuckstücke, die es lohnen abgelichtet zu werden. Jedenfalls so lange sie nicht komplett zu Rost und Staub zerfallen sind. Es lohnt sich gut zu handeln, denn bei Touristen ist der Eintrittspreis sehr hoch angesetzt. Ein Schelm, der dabei etwas böses denkt!

Nachdem wir alles im Kasten hatten, ging es weiter auf unserer Reise entlang des weißen Aragvi, durch enge Haarnadelkurven und für einem Moment glaubt man sich in den Alpen. Die verstreuten Hotels von Gudauri bilden heute das größte Skigebiet Georgiens, mit sieben Ski-Liftanlagen und über 30.000 Gästen jedes Jahr. Hat man die deutlichen Höhenunterschiede überwunden gelangt man zum georgisch-russischen Freundschafts-Denkmal.
Georgisch-russisches Freundschafts-Denkmal
Das Denkmal wurde 1983 zur 200-jährigen georgisch-russischen Freundschaft errichtete und die halbrunde, farbenfrohe Mosaikwand [Bilder: oben] lädt zum kurzen verweilen ein. Der Blick in die Teufelsschlucht [Bild: unten] und die bunten Berge sind einfach atemberaubend.

Kreuzpass (Jvari Pass)
Folgt man der Heerstraße weiter nach Norden, so passiert man unweigerlich den Kreuzpass (Jvari Pass), der durch einen Obelisken mit der Aufschrift Krestwokyj Perewal 2395 (Kreuzpass 2395) markiert ist [Bild: links unten]. Früher stand hier ein Holzkreuz, von dem der Pass seinen Namen erhalten hat. Auch wenn der Hinweis auf die Höhenmeter es bereits vermuten lassen, hier herrschen hochgebirgsähnliche Verhältnisse. Nicht nur das kühle Klima, sondern auch die Flora zeigt, was sie auf dieser Höhe zu bieten hat. Der blaue Enzian hätte nicht schöner in den Alpen stehen können.

Travertin Terrassen
Vom Kreuzpass geht es erstmal mehrere Kilometer nur bergab und man erreicht das Khevi Tal. Besonders interessant sind hier die Mineralquellen und deren Ablagerungen. Die auffälligsten und am einfachsten zugänglichen sind die so genanten Travertin Terrassen, die sich direkt an der Straße befinden. Kontinuierlich fließt das mineralhaltige Wasser über die Ablagerungen und viele Georgier füllen sich das Wasser in mitgebrachte Kanister ab. Wer jedoch einen empfindlichen Magen hat, sollte hierauf verzichten.

Gergeti Dreifaltigkeitskirche (Gergeti Tsminda Sameba)
Schon von weitem sieht man die imposante Gergeti Dreifaltigkeitskirche (Gergeti Tsminda Sameba). Sie liegt auf 2170 Metern und thront über der Stadt Stepantsminda. Von hier starten auch die Jeep Touren zur Kirche, denn mit dem eigenen Auto darf man nicht hinauf fahren. Dieses Vorgehen stammt noch aus früheren Tagen, als die Straße zur Kirche nur mit Allradgetriebenen Autos zu erreichen war. Mittlerweile ist die Straße gut ausgebaut, jedoch einigte man sich mit den Einwohnern, die mit dem Transport ihr Einkommen verdienten, dass sie weiterhin alleinig den Taxi Service anbieten dürfen. Die 1988 errichtete Seilbahn wurde von den Einwohnern sabotiert, da sie es als Frevel am Walfahrtsort gesehen wurde... und eventuell einen Frevel am Geldbeutel der Taxifahrer darstellte. Leben und Leben lassen. Routiniert bringen einen die Fahrer den Berg hinauf und lassen einen direkt am Fuße der Kirche raus. Unsere Fahrer haben auf uns gewartet, um uns nach dem Besuch wieder runter zu unserem Reisebus zu bringen. Ich fand es sehr erstaunlich, dass die Fahrer genau wussten, wenn sie nach oben gebracht hatten. Denn wir fanden in den Unmengen an gleichen Autos nicht unseren Fahrer wieder. Es besteht auch die Möglichkeit zur Kirche zu laufen. Hierzu folgt man einem recht spartanisch ausgeschilderten Weg für 7.5 km (etwa 3 Stunden). Viele der Touristen nutzen jedoch einen kürzeren Weg, der steil ansteigt und mehrfach die viel befahrene Straße kreuzt. Dieses Risiko sollte man sich gut überlegen. Der Anblick der Kirche und der umliegenden Berge ist wirklich besonders und das Highlight des Tages. Wir hatten leider nicht so viel Glück und der Kaszbek (5047 m) lag meistens in den Wolken. Jedoch lugte er mal kurz heraus und man konnte seine Höhe erahnen [Bild: unten].

Jahrhunderte lang beherbergte die Kirche aus dem 14. Jahrhundert das Weinrebenkreuz der georgischen Nationalheiligen Nino und war die wichtigste Walfahrtskirchen des Landes. Sie wurde errichtet um den Glauben der Bergbewohner zu festigen, die nicht wieder zu ihrem heidnischen Glauben zurückkehren sollten. Am 28. August findet hier zu Maria Himmelfahrt ein großes Fest statt und im Hof der Kirche werden Opfertiere dargebracht. Diese werden anschließend gekocht, nicht gebraten, da Braten für geweihtes Fleisch nicht erlaubt ist. Bei einem anschließendem großen Festmahl wird das geweihte Fleisch gegessen.

Nachdem wir knapp 10 Stunden unterwegs waren, konnten wir uns erschöpft in unseren Bus fallen lassen. Die Rückfahrt würde nochmal etwa 4 Stunden dauern, aber ein leckeres georgisches Abendmahl würde auf uns in Tiflis warten.
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