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Usbekistan: Tag 2 - Khiva

  • Autorenbild: Taunustörtchen
    Taunustörtchen
  • 5. Okt. 2020
  • 7 Min. Lesezeit


Blau, blau, blau!!!

Die Altstadt von Chiwa, Chiva, Khiva, Chiva oder Xiva ist seit 1990 UNESCO-Weltkulturerbe und es gibt innerhalb der dicken Stadtmauer viel zu sehen. Darunter sind mehr als 50 historische Bauten, aber vor allem die Freitagsmoschee (Dschuma Moschee), zwei Khanspaläste (Kunja Ark und Tasch Hauli), sowie das sagenhafte Kalta-Minor Minarett sollten auf der Besuchsliste ganz weit oben stehen. Der Kontrast zwischen den naturfarbenen Bauten und den blauen Fliesen ist hier einzigartig und durchzieht die komplette Altstadt. Die Baudenkmäler sind nicht so alt, wie in anderen Städten, aber das Stadtbild des 19. Jahrhunderts ist sehr gut erhalten und wurde daher zum Welterbe ernannt. Heute wirkt die Altstadt wie ein großes Freilichtmuseum (seit 1967) mit verschiedenen kleinen Andenkenläden. Durch die überschaubare Größe und da die komplette Altstadt (Itschan Kala) von einer vollständig erhaltenen Mauer umgeben ist, macht es praktisch unmöglich sich zu verlaufen. Khiva hat 60.000 Einwohner, von denen mehr als 80% in der Vorstadt wohnen. Neben dem Tourismus lebt die Stadt von der Textil- und Keramikindustrie

In arabischen Quellen wird die Stadt erstmals im 10./11. Jahrhundert erwähnt, jedoch sind diese Erwähnungen nicht sehr umfangreich, sondern sprechen von einem Brunnen der zur Ansiedlung geführt hat. Erst im 16. Jahrhundert als die Stadt eine Führungsrolle unter den Festungen der Region übernommen hatte, kam es zu umfangreicheren Niederschriften. 

Der Zugang zur Altstadt ist kostenlos, jedoch sollten Touristen ein Sammelticket für fast alle Sehenswürdigkeiten am Westtor kaufen. Hiermit wird der Erhalt der Bauten finanziert. Folgende Sehenswürdigkeiten sind nicht im Ticket erhalten: Pachlawan-Machmud-Mausoleum, Turm des Kunja Ark und das Islam-Hodscha Minarett. Hierfür müssen extra Tickets gekauft werden. Außerdem sollte man die Fotogebühr denken, wenn man fotografieren möchte. 

Unsere Stadtbesichtigung startete früh morgens, bei strahlend blauem Himmel, am Westtor der Altstadt. Hier herrschte bereits ein buntes Treiben und viele Touristen strömten in die Altstadt. Die Altstadt an sich ist nur etwa 400 x 720 Meter groß und kann durch vier Stadttore betreten werden. Darunter ist das Westtor (Ata Darwasa) das Haupteingangstor, an dem man auch die Eintrittskarten erhält. Sobald man durch das imposante Steintor getreten ist, sieht man auf der rechten Seite das Kalta-Minor Minarett mit seinen herrlichen blauen Fliesen. 

Mohammed Amin Khan Medrese und Kalta-Minor Minarett

Eines des Wahrzeichen der Stadt ist das Kalta Minor Minarett, das man fast von überall in Khiva sehen kann. Seine gedrungene Form liegt nicht an einer geringen Höhe (es ist immerhin 28 Meter hoch), sondern an seinem großen Durchmesser von knapp 15 Metern. Das Minarett gehört zu der daneben liegenden Mohammed Amin Khan Medrese. Das Minarett war einmal mit einer Brücke mit der Medrese verbunden, die mit ihren Abmessungen relativ groß ist. Die Medrese besteht neben dem typischen großen Innenhof aus 99 Studentenzellen, sowie eine Moschee und Lehrerzimmern. Heutzutage kann jeder ein Studentenzimmer mieten, denn das Hotel Orient Star ist in die Medrese eingezogen. Warum das Minarett jedoch ab 1855 nicht mehr weitergebaut wurde, gibt noch heute Anlass zu Spekulationen. Ich möchte nur die paar gängigsten aufzählen: ​

  • Der Herrscher von Khiva hatte vor den Architekten nach der Fertigstellung des Minaretts umzubringen, damit er seinem Feind, dem Emir von Buchara, nicht auch ein solches Minarett bauen kann. Als der Architekt davon erfuhr, verwandelte er sich in einen Vogel und flog davon.

  • Dem Khan von Khiva fiel irgendwann auf, dass der Muezzin von dem hohen Minarett in seinen Harem schauen könnte, daher wurde er nicht weiter in die Höhe gebaut.

  • Angeblich soll sich der Architekt mit dem Feind des Herrscher, dem Emir von Buchara, verbündet haben und daher ließ ihn der Khan so lange vom Minarett stürzen bis er tot war. Anschließend konnte niemand das Minarett fertig bauen.

  • Und hier kommt der wahrscheinlichste Grund. Der Khan verstarb im Jahr 1855 auf einem Feldzug gegen turkmenische Stämme und daher wurde der Bau nicht weitergeführt.

Es möge sich aber gerne jeder seine Version heraussuchen, warum das Kalta-Minor Minarett solch ungewöhnliche Abmessungen hat. 

Dschuma Moschee

Für uns ist Holz ein natürlicher Baustoff. Für ein Wüstenvolk eine Kostbarkeit. Betrachtet man unter diesen Aspekten die Dschuma Moschee (Juma Masjidi), so ist sie ein wahres Schatzkästchen. Das Bauwerk wurde auf den ältesten Fundamenten der Stadt errichtet. Die flache Halle wird von etwa 250 Säulen getragen, die zum großen Teil künstlerische Schnitzereien haben. Die Moschee wurde um 1788 erbaut, aber viele der Säulen sind deutlich älter (10.-12. Jahrhundert). Sehr wahrscheinlich stammen einige der Säulen aus dem benachbarten Kath, das durch eine Naturkatastrophe  schwer getroffen worden ist. Die Säulen der dortigen Moschee sind daher sehr wahrscheinlich nach Khiva gebracht worden. Wer genau hinschaut, sieht, dass die Säulen sehr unterschiedlich sind und in der Länge angepasst worden sind. Die Holzsäulen sind mit Kamelhaar und Fett mit dem darunter liegenden Stein "verbunden". Da es in der Region häufig zu Erdbeben kommen kann, stellt dieses "Baustoffgemisch" einen flexiblen Puffer dar, damit die Holzsäulen nicht so schnell brechen. 

Wer Stufen nicht fürchtet, sollte unbedingt das Minarett erklimmen. Auch wenn der Turm sehr eng ist und keine zwei Personen aneinander vorbeikommen, lohnt sich die Strapaze. Teilweise sind die Stufen so hoch, dass ich sie nicht hochgehen, sondern klettern musste. Der große Fotorucksack hat den Aufstieg auch nicht leichter gemacht, aber der Ausblick belohnt einen. Und wie sagt man so schön, runter kommt man immer. Also ich bin auf dem Hosenboden runter gerutscht. Yihaaaa!

Tasch Hauli Palast

Der Bau des Tasch Hauli Palastes (Toshxauli, Tosh Hovli) dauerten fast 10 Jahre und war bis 1880 bewohnt. Er besteht aus dem Repräsentationshof (Ischrat Chona), dem Gerichtshof (Ars Chona) und dem Harem. Das Gebäude ist von einer schmucklosen Mauer umgeben, die Ecktürme und Zinnen schmücken. Der Name leitet sich vom verwendeten Baumaterial ab. Normalerweise wurden Lehmziegel für einen Bau verwendet, hier verwendete man jedoch steinhart gebrannte Ziegel, was dem Gebäude den Namen Steinpalast bzw. Tasch Hauli verlieh. Wer den Palast für einen Besuch betritt, der schreitet durch den ehemaligen Dienstboteneingang. Der frühere offizielle Eingang liegt auf der gegenüberliegende Seite und ist heute verschlossen. Ein Großteil des Gebäudes wird vom Harem auf der Nordseite eingenommen. Auf dem Weg vom Harem kann man einen Blick in die dunklen Beamtenzimmer werfen. Auf der Südseite liegen die beiden großen Höfe. Auf der südöstlichen Seite der Empfangshof und auf der südwestlichen Seite der Gerichtshof. Alle Wände sind mit wunderbaren Majolikafliesen (Die charakteristisch bunte Bemalung der Majolikafliesen besteht aus verschiedenen Pigmenten auf Metalloxidbasis) geschmückt., die wie große blau-weiße Wandteppiche wirken.  

Mohammed Rahim Khan Medrese

Die Mohammed Rahim Khan Medrese (Muhammad Rahimxon Madrasi) wurde 1871 erbaut und beherbergt heute ein kleines Geschichtsmuseum mit allerlei Alltagsgegenständen, darunter Geschirr und andere Haushaltsgegenstände, aber auch Waffen. Einen Besuch sollte man nur planen, wenn man viel Zeit in Khiva hat. Ansonsten gibt es andere Bauten, die sehr viel interessanter sind. Zum Beispiel gegenüber, ein Besuch im Kunja Ark sollte Pflichtprogramm sein.

Kunja Ark

Kunja Ark (Kohna Ark, Kunye Ark) bedeutet alte Zitadelle und die Grundzüge des Gebäudes gehen auf das 5. Jahrhundert zurück. Die heutigen Strukturen stammen jedoch aus der Zeit Arang Khans (1686-1688) und wurden Anfang des 19. Jahrhunderts erweitert. Bis fast in die Mitte des 19. Jahrhunderts war die Zitadelle der Wohnsitz des regierenden Khans und dessen Familie, bis der Tasch-Hauli Palast fertiggestellt war. Die Zitadelle blieb als militärische Residenz des jeweiligen Khans zurück. Der Gebäudekomplex besteht aus dem Palast, einem Wachturm, einer Sommer- sowie einer Winter-Moschee, einem Verwaltungsbereich und dem Harem. Der Thronsaal (Kurnisch-Chane) besticht durch zahlreiche blaue Fliesen und man sollte auf die drei Türen achten. Die größte Tür war nur für den Khan bestimmt, die etwas kleinere den einflussreichen Besuchern und die kleinste Tür war für die Bittsteller. In diesem Rahmen hielt der Khan Audienzen oder fällte Urteile. Während unserem Besuchs wurde die Winter-Moschee gerade renoviert. Bitte nicht über die Arbeitssicherheit nachdenken... Das war bestimmt ein TÜV geprüfter Schreibtisch.

Den Wachturm sollte man unbedingt am späteren Nachmittag besuchen, da dann das Licht die Stadt in einen warmen Ton hüllt. Von hier hat man einen tollen Blick über die Altstadt und die Stadtmauer. Die zusätzlichen 3000 Som sind hier wirklich gut angelegt. Von hier oben kann man in den noch nicht restaurierten Harem Bereich werfen. 

Jakub-Bei-Hodscha Medrese

Ein Blick in die Hinterhöfe lohnt sich in Khiva meistens. So auch hier. Das Mercy Projekt ist in der Jakub-Bei-Hodscha Medrese untergebracht. Das Projekt wird von der UNESCO gefördert und wurde 2001 eröffnet. Hier werden wunderschöne Seidenteppiche hergestellt,  wobei natürliche Färbemittel verwendet und traditionelle Designs umgesetzt werden. 

Pachlawan Machmud Mausoleum

Das Pachlawan Machmud Mausoleum beherbergt Khivas Schutzheiligen Pachlawan Machmud (1247-1326) und wird daher viel von Einheimischen besucht. Seit dem 19. Jahrhundert fanden auch die Kungrat-Khane hier ihre letzte Ruhe. Pachlawan Machmud verarbeitete Tierfelle und an dieser Stelle hatte er seine Werkstatt. Daneben agierte er auch als Arzt, Dichter und war ein sehr guter Ringer. Das Gebäude ist eines der prächtigsten, die man in Usbekistan finden kann. Tritt man von der Straße durch die hölzernen Türen hinein, so steht man zunächst in der Sommer-Moschee und blickt direkt auf das große Portal des Hauptgebäudes. Nachdem man die Schuhe ausgezogen hat, tritt man in den Hauptraum (Chanaka) mit den Grabstätten verschiedener Khane der Kungrat Dynastie. Der daneben liegende Gedenkraum ist prunkvoll ausgestattet und in einer kleinen Nische liegt das Ehrengrabmal für Pachlawan Machmud. 

Islam Hodscha Minarett und Medrese

Nur einen Steinwurf vom Pachlawan Machmud Mausoleum entfernt, liegt das Islam Hodscha Minarett und die dazugehörige Medrese (Islom Xoja Madrasi). Das Minarett ist mit 57 Metern das größte Minarett in Khiva und wer von Stufen noch nicht genug hat, sollte unbedingt auf die 45 Meter hohe Plattform steigen. Auch wenn sich die beiden Bauwerke harmonisch in die Reihe der historischen Gebäude eingliedert, so stammen sie doch aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts und sind die jüngsten Bauwerke der Altstadt. Der Bauherr und Namensgeber Islam Hodscha führte während seiner Amtsgeschäfte zahlreiche Modernisierungen in Khiva durch. So baute er Krankenhäuser und Schulen und hatte noch andere weitreichende Ideen für den kleinen Stadtstaat. 1917 wurde er jedoch auf dem Weg zu seiner Residenz überfallen und ermordet. Der Mord wurde nie weiterverfolgt, wahrscheinlich weil der Reformer vielen Klerikern und Adligen ein Dorn im Auge war. 

Die Medrese ist relativ klein gehalten, da Baugrund zu Baubeginn Mangelware und stark begrenzt war. Sie ähnelt bereits zuvor besuchten Bauten und hat eine zweistöckige Fassade die mit blauen Fliesen verziert ist. Auf der rechten Seite sieht man die überkuppelte Moschee und um den Innenhof lagen 42 Studentenzimmer. Mittlerweile hat man aus den Einzelzellen eine umlaufende Flucht mit kleinen Ausstellungsräumen gemacht, darunter auch ein Museum für Kunsthandwerk

Khiva Schleifen

Wer aufmerksam durch die Straßen von Khiva gelaufen ist, hat die besonderen Schmuckfliesen auf den Hausfassaden sicher entdeckt. Die sogenannten Khiva Schleifen sind nur hier zu finden und bilden mit ihrer türkis-blauen Farbe einen schönen Kontrast. 

Alla Kuli Khan Medrese

Den Abend ließen wir bei einem usbekischen Tanzabend ausklingen, der im Alla Kuli Khan Komplex stattfand. Die Gebäude liegen direkt am Osttor der Altstadt und wurden um 1806 erbaut. In früheren Tagen wurden in den Studentenzimmern Bücher der städtischen Bibliothek aufbewahrt und alle Studenten der Stadt konnten hier Schriften ausleihen. Mittlerweile beherbergt die Medrese das Choresmische Kulturzentrum und ein Cafe. 

Ein wirklich wunderschöne Tag fand auf diese Weise seinen Ausklang und zufrieden saßen wir auf unseren Bänken und lauschten den usbekischen Gesängen und den traditionellen Tänzen. Morgen würden wir 12 Stunden in unserem Bus verbringen und einmal quer durch die Wüste nach Buchara fahren. Auf diese Weise würden die strapazierten Füße mal eine Auszeit bekommen.

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Das Reisen ist neben der Fotografie meine große Leidenschaft. Ich liebe es die unterschiedlichsten Reisearten zu nutzen und dabei die Erlebnisse mit meiner Kamera festzuhalten.

 

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