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Usbekistan: Tag 4 - Buchara

  • Autorenbild: Taunustörtchen
    Taunustörtchen
  • 5. Okt. 2020
  • 8 Min. Lesezeit


Ein wahres Schatzkästchen

Buchara besticht vor allem durch die zahlreichen Basare, die teilweise noch unter historischen Kuppeln betrieben werden. Die Stadt eine lange Geschichte und so standen viele der Gebäude bereits vor 1000 Jahren. Diese Historie macht Buchara zu einem ganz besonderen Erlebnis. Im Gegensatz zu Khiva gibt es hier ein aktives Stadtleben und man sieht Jung und Alt auf den Straßen flanieren. Die ersten Siedlungen an dieser Stelle existierten bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. und die Stadt war im 7. Jahrhundert n. Chr. bereits ein wichtiger Standort der Seidenstraße. 

Das Jüdische Viertel

Unser Tag startete mit einem kurzen Regenschauer, aber der ließ zum Glück schnell nach und wir besuchten als erstes das jüdische Viertel von Buchara. Die engen, verwinkelten Gassen liegen südlich des Labi Chaus und sind schnell zu finden. Unser erster Besuchspunkt war die Hauptsynagoge Bucharas. Sie liegt in einem unscheinbaren Haus und ich wäre sicher einfach daran vorbei gelaufen. Nur die hebräische Schrift am Eingangstor verrät, dass es sich hierbei nicht um ein gewöhnliches Wohnhaus handelt. Zunächst betritt man den kleinen Innenhof, der vor allem im Sommer zum Beten genutzt wird. Wer genauer hinschaut, sieht im zweiten Stock des einen Wohnhauses einen Balkon, auf dem die Frauen während des Gottesdienstes Platz nehmen. Die über 1000 Jahre alte Thora wird unter anderem nur während des Sabbats genutzt. Außerdem besitzt die Gemeinde eine weitere Thora, dessen alter etwa 500 Jahre beträgt. 

Das jüdische Leben hat in Buchara Tradition und die jüdische Gemeine gilt als eigene ethnisch-religiöse Gruppe innerhalb des Judentums. Sie sprechen Judäo-Persisch oder Buchori, einen persischen Dialekt, der mit hebräischen Buchstaben geschrieben wird. Heute erstreckt sich ihre Verbreitung nicht mehr nur auf Buchara oder Usbekistan, sondern auch auf Tadschikistan, Kirgisistan, vereinzelt auch auf Russland, Kasachstan, Turkmenistan und Afghanistan. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wanderten viele nach Israel und in die USA, sowie Kanada aus. Mittlerweile gibt es auch in Deutschland und Österreich Gemeinden. Die Gemeinde in Buchara besteht heutzutage noch aus etwa 50 Gläubigen. Wer mehr über die wechselhafte Geschichte erfahren möchte, sollte die deutsche Seite der bucharischen Juden besuchen (Link).  Wer den verwinkelten Gassen weiter folgt, findet eine von der UNESCO geförderte Teppichschule, wie man sie bereits in Khiva gesehen hat. Wer weiter nach Süden läuft kann noch den Eingang des jüdischen Friedhofs finden. Die älteren Grabsteine sind noch mit hebräischen Schriftzeichen versehen. Die Steine die während der Sowjetzeit gesetzt worden sind, tragen meist kyrillische Schriftzeichen und zeigen oft ein Bild des oder der Verstorbenen. Leider sind viele Grabsteine mittlerweile stark verwittert oder ungepflegt. Da die Gemeinde nur geringe finanzielle Mittel hat, kann man sich nur auf das Nötigste konzentrieren. Unser Spaziergang führte uns zurück Richtung Labi Chaus. An der Ecke der Bahauddin Nakschbandi Straße befindet sich die Werkstatt des Puppenmachers Khakimov. Hier sollte man unbedingt hineinschauen und sich von der Vielzahl der Handpuppen verzaubern lassen. Die Charaktere aus 1001 Nacht verzaubern einen sofort. Wer mag, kann hier ein originelles Mitbringsel für Zuhause erstehen. Der Laden lädt zum Verweilen ein und wer bis jetzt nicht im Orient angekommen ist, wird es nach dem Besuch bestimmt sein.

Hodscha Nasreddin - Der Till Eulenspiegel von Usbekistan

Wer in Buchara ist, kommt an ihm nicht vorbei: Hodscha Nasreddin. Die Statue steht am Labi Chaus vor der Nadir Divan Beg Medrese und ist meistens von vielen einheimischen Touristen umzingelt, die sich mit der Statue fotografieren lassen. Nahezu im gesamten islamischen Raum werden Geschichten über Hodscha Nasreddin erzählt. Meistens bestehen diese Geschichten aus Witz, Moral und Allegorie und sind ein Tel der Gesellschaft. Der historische Kern dieser Person ist jedoch nicht eindeutig nachgewiesen, aber das tut seiner Beliebtheit keinen Abbruch. 

Die Basare von Buchara

Die einzelnen Gassen und Innenstadtabschnitt Bucharas waren auf bestimmte Waren spezialisiert.  So konnten die Kunden die Preise und Qualität in den einzelnen Fachgeschäften schnell und einfach vergleichen. Diese Struktur blieb bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhalten und noch heute kann man sie noch erkennen. So wurde früher rund um Labi Chaus Süßigkeiten, Tee und Salz verkauft. Heute sind noch drei Basarkuppeln aus dem 16. Jahrhundert erhalten. Zunächst der Basar der Geldwechseler (Toki Sarrafon), der Basar der Mützenverkäufer (Toki Telpak Furuschon) und der Basar der Juweliere (Toki Sargaron). Heute sind in allen Souvenirläden für die Touristen untergebracht. Hier kann man bunte Schals, handgeknüpfte Seidenteppiche und andere Mitbringsel erstehen. Es macht einfach Freude durch diese bunte Welt zu schlendern und dem Feilschen zuzusehen, auch wenn man selber nichts kaufen möchte. Die Verkäufer sind sehr zuvorkommend und nicht aufdringlich. Man kann also ohne Probleme zwischen den Ständen flanieren und auch mal einen Blick riskieren, ohne gleich Probleme zu bekommen, wenn man nichts kaufen möchte. 

Auch wenn im Basar der Geldwechsler kein Geld mehr gewechselt wird, so sind doch in der näheren Umgebung viele Banken und Wechselstuben angesiedelt. Noch heute gilt das Geschäft mit Geld im Islam als anrüchig und in früheren Zeiten wurden diese Geschäfte vor allem durch Hindus in Buchara geführt. Die Verbindung der Seidenstraße nach Indien führte zu einer großen indischen Gemeinde in Buchara. Heute findet man im Basar vor allem Andenkenläden für die Touristen und es ist ein Durchgang zu den weiteren Sehenswürdigkeiten Bucharas.

Magoki Attari Moschee

Die Magoki Attari Moschee beheimatet heute ein Teppichmuseum. Das Gebäude stammt aus dem 9./10. Jahrhundert und ist somit eines der wenigen vortimuridischen Gebäude in Buchara. Auch wenn man das Museum nicht besuchen möchte, sollte man einen Blick auf das markante Gebäude werfen. Interessant sind unter anderem die Viertelsäulen, mit unterschiedlichen Mustern, des Südportals. Dagegen liegt der Spitzbogen des Portals auf schmalen Säulen auf. Das Ostportal ist deutlich jünger und stammt aus dem 16. Jahrhundert. Die Teppichsammlung des Museums beinhaltet auch einige ungewöhnliche Stücke. Darunter turkmenische, afghanische und einen armenischen Teppich mit christlichen Motiven

Chanaka des Nadir Divan Beg

Am westlichen Rand von Labi Chaus liegt die ehemalige Pilgerunterkunft (Chanaka). Sie ist vom Großwesir Nadir Divan Beg errichtet worden und beherbergte vor allem Derwische bzw. Sufi-Pilger. Der zweistöckige, würfelartige Bau besitzt eine große Kuppel und im Inneren ist heute ein kleines Museum mit Buchara Keramik untergebracht. Ein Besuch lohnt sich nicht wirklich, aber ein Blick auf das imposante Gebäude ist auf alle Fälle lohnenswert. 

Medresen an der Nakschbandi Straße

Hier säumen mehrere noch nicht restaurierte Medresen die Straße. Das in der Mitte liegende Wasserbecken (Chaus) wird vor allem im Sommer als Schwimmbecken zur Abkühlung genutzt. Hier sollte man unbedingt die Alim-Khan Medrese besuchen, in der eine Galerie untergebracht ist. Die Ausstellung besteht aus Bildern einheimischer Fotografien, die vor allem das alltägliche Leben festgehalten haben. So gibt diese Ausstellung einen wunderbaren Einblick in die Gesellschaft, aber zeigt auch den Wandel der Stadt. In der Abdurachmon Alam Medrese ist das Mavrigri Restaurant untergebracht. Hier kann man warmen Abenden wunderbar im Innenhof sitzen und leckeres Essen genießen.

Kalon Komplex

Eines der Highlights von Buchara ist eindeutig der Kalon Komplex mit Minarett (Minor Qalin) und der dazugehörigen Moschee. Das Kalon Minarett ist mit fast 46 Metern eines der höchsten Zentralasiens und stammt aus vormongolischer Zeit. Einer Sage nach, war Dschingis Khan von dem Bauwerk so beeindruckt, dass er stehen ließ, im Gegensatz zur restlichen Stadt. Nach der Fertigstellung des Minaretts diente es nicht nur religiösen Zwecken, sondern auch als Wachturm. In Fiedenszeiten konnten Karawanen schon von weiten sehen, dass sie sich Buchara nähern. Das Minarett hat ein einzigartiges Ziegelmuster, das eine perspektivische Verkürzung bewirkt. Das Minarett besteht fast ausschließlich aus unglasierten Lehmziegel. Schaut man sich das Muster genauer an, so erkennt man hellere Lehmziegel innerhalb des Bauwerks. Das sind Ausbesserungen, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gemacht worden sind. Die Russen haben das Minarett in der Vergangenheit für Schießübungen missbraucht und daher waren große Löcher in der Fassade, die gefüllt worden sind. Aus den 16 Bogenfenstern konnten mehrer Muezzin gleichzeitig zum Gebet rufen. Leider kann man heute nicht auf das Minarett gehen und einen Blick über die Stadt werfen.

Die Kalon Moschee wurde erst im 16 Jahrhundert errichtet und ist somit etwa 400 Jahre jünger als das Minarett. Man geht jedoch davon aus, dass hier bereits ein Vorgängerbau stand, der zur gleichen Zeit mit dem Minarett errichtet worden ist. Die Moschee ist mit ihren Abmessungen von 130 x 80 Metern sehr groß und der Innenhof kann eine Vielzahl an Gläubigen fassen. Um den Innenhof laufen zu allen Seiten überdachte Galerien, die aus zahlreichen Pfeilern und Kuppel bestehen. 

Für den Besuch sollte man ausreichend Zeit einplanen, um das Bauwerk auf sich wirken zu lassen und alle Besonderheiten entdecken zu können. Bei mir hat der Kalon Komplex jedenfalls einen bleibenden Eindruck hinterlassen. 

Mir-i-Arab Medrese

Gegenüber der Kalon Moschee liegt die Mir-i-Arab Medrese. Sie wurde ebenfalls im 16. Jahrhundert vom Namensgeber Scheich Mir-i-Arab erbaut. Dieser war zu Reichtum gekommen, indem er 3000 Schiiten in die Sklaverei verkauft hatte. Die Medrese wird noch heute aktiv für islamische Lehren genutzt und war nur während der stalinistischen Zeit (1930-1945) geschlossen. Daher kann man das Gebäude leider nicht wirklich besichtigen, aber ein Blick durch die offene Eingangstür ist durchaus möglich. Heute stehen Tischtennisplatten im Innenhof, an denen ehrgeizig gespielt wird. Junge Leute sitzen zusammen, essen und trinken und diskutieren sicher den Stoff der letzten Vorlesung. Alles wie an jeder Universität.

Der Sommerpalast

Etwa 5 Kilometer nördlich der Innenstadt liegt der Sommerpalast des letzten Emirs von Buchara (Sitorai Mohi Xosa). Said Alim Khan pflegte einen engen Kontakt nach St. Petersburg, vor allem zur Zarenfamilie und der dort lebenden Elite. Daher verwundert es auch nicht, dass man immer wieder russische Elemente entdeckt. Da sich der Emir immer weniger im Ark von Buchara aufhielt, erbaute er Anfang des 20 Jahrhunderts (1911 - 1914) den Sommerpalast außerhalb der Stadt. Die Mischung aus unterschiedlichen Stilen macht es zu einem ungewöhnlichen Bauwerk. Die exquisit ausgestatteten Prunkräume lassen erahnen, welches Leben hier einmal stattgefunden hat. Im Hauptflügel des Palastes liegt das bunt bemalte Empfangszimmer [Bild: Mitte rechts] und das sogenannte weiße Zimmer [Bild: Unten rechts]. Hierbei handelt es sich um einen klassischen Bankettsaal, der an der fensterlosen Seite mit Gantsch-Schnitzereien verziert ist. Im Südflügel sind vor allem Möbel und andere Gegenstände ausgestellt.  Läuft man durch die Parkanlage kommt man auch zum sogenannten Haus Olga. Das Gebäude war angeblich mal für die älteste Tochter des Zaren gedacht. Der Emir hoffte sie für sich zu gewinnen, nachdem er sie während eines Russlandbesuches kennengelernt hatte. Dazu kam es jedoch nie, da sie 1918 von Bolschewiken erschossen worden ist. Heute ist das Kostümmuseum im Gebäude untergebracht. Der ehemalige Harem liegt direkt an einem Wasserbecken. Über eine höher gelegene Plattform am Palast konnte der Emir seinen Konkubinen beim baden zuschauen. Die Damen wurden nach der Eroberung durch die Sowjetunion freigelassen und das Gebäude enthält heute ein Stickerei Museum. Neben Palast, Harem und dem sogenannten Haus Olga, gab es noch einem eigenen Weinkeller und einen Zoo mit exotischen Tieren. Außerdem war der Palast auch mit einer eigenen Stromversorgung ausgestattet. Die Elektrostation war ein Geschenk von Zar Nikolaus II. gewesen. 

Baha-ud-din Naqshband Bokhari

Fährt man vom Sommerpalast weiter in nordwestliche Richtung, erreicht man eines der wichtigsten usbekischen Nationaldenkmäler. Das Grab von Baha-ud-din Naqshband, das zum Mausoleum umgebaut worden ist und eine wichtige Pilgerstätte für einheimische Touristen ist. Baha-ud-din wurde in der Nähe von Buchara geboren und drei Tage nach seiner Geburt (1318 n Chr.) adoptierte ihn Baba Mohammad Sammasi als spiritueller Nachfolger des Naqschbandi-Ordens,  eines der größten und einflussreichsten muslimischen Sufiorden Im Innenhof befindet sich das Grabmal von Baha-ud-din Naqshband, der von  schönen Kolonnadengängen umgeben ist. Die Dächer sind aus Holz und reich verziert. Auch die tragenden Säulen sind geschnitzte Kunstwerke. Innerhalb der Anlage befinden sich noch ein sufisches Studienzentrum, ein Friedhof mit den Gräbern zahlreicher Sufis, sowie eine Moschee, die leider von Frauen nicht betreten werden darf.

Was für ein erlebnisreicher Tag. Die ganzen Eindrücke müssen am Abend erst einmal verarbeitet werden. Und wie kann man das besser, als bei leckerem Essen und in netter Gesellschaft, die das Erlebte teilen kann. Morgen würden wir noch einmal den Tag in Buchara verbringen, bevor wir weiterreisen würden.

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Das Reisen ist neben der Fotografie meine große Leidenschaft. Ich liebe es die unterschiedlichsten Reisearten zu nutzen und dabei die Erlebnisse mit meiner Kamera festzuhalten.

 

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