Usbekistan: Tag 7 - Samarkand
- Taunustörtchen
- 5. Okt. 2020
- 7 Min. Lesezeit

Die Perle der Seidenstraße
Samarkand ist eine der ältesten Städte Zentralasiens und hatte bereits im 1. Jahrtausend v. Chr. eine größere befestigte Anlage. Damals hieß Samarkand noch Marakanda und Alexander der Große eroberte die Stadt im Jahr 329 v. Chr. Unter der hellenistischen Führung erlebte die Stadt einen wirtschaftlichen Aufschwung, da der Handel zwischen den Städten der Seidenstraße immer weiter aufblühte. Es wurden ausgeklügelte Bewässerungssysteme gebaut , so dass die wachsende Bevölkerung mit Wasser versorgt werden konnte. Im Jahr 710 n. Chr. erreichten die Araber Samarkand und nahmen die Stadt nach und nach ein. Immer mehr Menschen konvertierten zum Islam und die ersten Moscheen entstanden. Samarkand hieß zu dieser Zeit Afrosiab und ab dem 9. Jahrhundert herrschten wieder die einheimischen Samaniden. Ab Mitte des 8. Jahrhunderts galt die Stadt als Zentrum der Papierherstellung. Das Wissen dieser Kunst hatten chinesische Gefangene aus ihrem Land mitgebracht. Den nächsten gravierenden Einschnitt erlebte die Stadt mit der Eroberung durch die Mongolen im 13. Jahrhundert. Diese zerstörten ein Großteil der Stadt und verschleppten viele der Einwohner.

Erst Timur baute die Stadt wieder auf und machte sie zur Hauptstadt seines Reiches. Noch heute können die Bauwerke, die in dieser Zeit entstanden sind, bewundert werden. Durch die Raubzüge Timurs kamen, zwar unfreiwillig, Handwerker, Baumeister und Künstler in die Stadt. Timur baute aber nicht Afrosiab wieder auf, sondern er errichtete in der daneben liegende Ebene die neue Siedlung Samarkand. Mittlerweile gab es auch wieder einen regen Handel auf der Seidenstraße, der Geld und alles Nötige in die Stadt brachte. Im Gegensatz zu Shahrisabz, das nach dem Tod von Timur in Vergessenheit geriet, wurde in Samarkand von seinen Nachfolgern weitergebaut. Vor allem Ulug Beg, der Enkel Timurs, brachte eine Zeit des Friedens und des Wohlstandes hervor. Ulug Beg war es auch, der eine der ersten drei Medresen des Registan Platzes erbaute. Nach der Vertreibung der Timuriden verlor auch Samarkand an politischer Bedeutung. Man mag es sich kaum vorstellen, aber ab dem frühen 18. Jahrhundert war Samarkand sogar fast unbewohnt.
Erst mit der Eroberung Usbekistans durch die Russen änderte sich die Bedeutung Samarkands wieder. Die Russen bauten eine moderne Neustadt, aus dieser Zeit stehen noch immer einige öffentliche Gebäude und Wohnhäuser. Wichtig für die Bedeutung der Stadt war die Anbindung an die Transkaspische Eisenbahn (1888), so dass der Handel sehr viel einfacher betrieben werden konnte. Während der Sowjetzeit schlief das kulturelle Erbe ein und erst in den 40er Jahren begann man, die teilweise stark baufälligen Gebäude, zu restaurieren.
Gur Emir Mausoleum
Unser erster Programmpunkt war das Gur Emir Mausoleum westlich des Registan Platzes. Gur Emir bedeutet "Grab des Fürsten" und bezeichnet damit Amir Timur. Neben Timur wurden noch weitere enge Angehörige mit ihm bestattet. Das Mausoleum ist kaum an Pracht zu überbieten. Die mit leuchtend blauen Fliesen gedeckte Kuppel besteht aus einer Doppelschicht, wie es bei den Timuriden üblich war, die miteinander verbunden sind. Auf diese Weise wurde die Statik der großen Kuppeln erhöht und machte den Bau solcher Bauwerke erst möglich. Eigentlich hatte Timur diese Mausoleum für seinen Enkel Mohammed Sultan erbaut. Er selber wollte in Shahrisabz beigesetzt werden, aber durch die Streitigkeiten um seine Nachfolge, kam es nicht dazu und er wurde ebenfalls in Samarkand beerdigt.

Ursprünglich war die Anlage von einer hohen Mauer umgeben, die Reste kann man noch heute rechts und links vom Portal sehen. Tritt man durch das hohe Portal, steht man zunächst in einem großen Innenhof. Dieser wird auch sehr gerne von usbekischen Gruppen für Erinnerungsfotos genutzt. Der Komplex bestand einmal aus dem zentralen Mausoleum mit Kuppel, einem Derwischkloster (Chanaka) auf der rechten Seite und einer Medrese auf der linken Seite. Heute steht nur noch das Mausoleum und von Kloster, als auch von der Medrese zeugen nur noch Überreste. Das Mausoleum betritt man durch eine Tür auf der linken Seite. Steht man erstmal in dem quadratischen Raum, fehlen einem sprichwörtlich die Worte. Die in blau und gold gehaltene Kuppel kann nur aus 1001 Nacht stammen. Trompennischen tragen die knapp 23 Meter hohe Kuppel. In der Mitte des Raumes stehen 9 unscheinbare Steinkenotaphe. Diese markieren die Gräber der Toten, die darunter begraben sind. Wer nun Timurs Grabstein sucht, muss genau hinschauen. Es ist nämlich nicht der größte, sondern ein schmaler, schwarzer Block. Der Block besteht aus dem Gestein Nephrit, den sein Enkel Ulug Beg von einer Expedition mitgebracht hatte.

Übrigens wird das Mausoleum abends schön beleuchtet. Ein Abendspaziergang lohnt sich also nicht nur zum Registan, sondern man sollte auch einen Abstecher hierher machen. Und hier noch die Legende zur Graböffnung: Angeblich hat Timur davor gewarnt sein Grab zu öffnen. 1941 machten sowjetische Wissenschaftler aber genau das, damit sie den Leichnam in Moskau untersuchen können. Der Legende nach, erfuhren sie genau in diesem Moment vom Beginn des 2. Weltkrieges. Nach der Untersuchung des Leichnams, erfolgte eine erneuten Bestattung Timurs, die die Kriegswende für Russland 1942 einläutete. Die deutschen Soldaten waren in der Schlacht von Stalingrad vernichtend geschlagen worden. Übrigens ergab die Untersuchung des Leichnams, dass Timur ein verkrüppeltes Bein hatte. Davon sieht man auf den zahlreichen Statuen aber nichts...

Der Registan
Registan bedeutet sandiger Platz und ist das Zentrum Samarkands mit seinen drei Medresen. Leider ist der Platz mit Gittern abgesperrt, so dass man keinen freien Blick auf den Platz hat. Aber damit muss man wohl an solch einer Touristen Attraktion rechnen. Zunächst stand an dieser Stelle ein großer überkuppelter Basar, den Timur selbst noch hatte errichten lassen, da hier alle wichtigen Handelsstraßen aufeinander trafen. Sein Enkel Ulug Beg riss den Basar ab und baute die erste der drei Medresen. Die anderen beiden Medresen kamen erst im 17. Jahrhundert hinzu. Alle drei Gebäude werden nicht mehr religiös genutzt und können besichtigt werden. Das Highlight einer jeden Usbekistan Reise!

Ulug Beg Medrese
Die erste der drei Medresen wurde bereits im 15. Jahrhundert an der Westseite des Platzes errichtet. Die Medrese sollte Gelehrte aus der ganzen Welt nach Samarkand bringen. Ulug Beg soll selbst in Fachrichtungen Astronomie und Mathematik hier gelehrt haben. Die Wichtigkeit der Wissenschaft sollte sich in der Ausstattung und Größe des Bauwerkes widerspiegeln. Dies ist sicherlich gelungen. Daher verwundert es auch nicht, dass sich vor allem Sternmuster auf der Fassade wiederfinden.

Wer durch das große Portal schreitet, mit seinen etwas schiefen Minaretten an der Seite, steht in einem wunderschönen Innenhof mit zahlreichen Ornamenten. Die Schönheit lässt einen förmlich sprachlos werden. Alle vier Seiten des Innenhofes werden durch Iwane begrenzt, die als offene Unterrichtsräume dienten. Auf zwei Stockwerken waren zudem die Zellen der Studenten untergebracht. Zur Blütezeit lebten und lernten hier mehr als 100 Studenten. Zusätzlich gibt es eine Wintermoschee , deren Architektur an das Gur Emir Mausoleum erinnert. Ein Traum in Blau und Gold!

Schirdor Medrese
Der Ulug Beg Medrese gegenüber liegt die Schirdor Medrese aus dem 17. Jahrhundert. Fast wie ein Spiegelbild wirkt sie, was unter anderem daran liegt, dass beide die gleiche Fassadenlänge und Aufbau aufweisen. Ein besonderes Augenmerk sollte man auf die beiden Bogenzwickel des Pischtaks werfen. Diese zeigen recht eigentümliche Darstellungen. Zunächst fällt die strahlende Sonne mit menschlichem Gesicht auf. Darunter erlegt ein Tiger eine Hirschkuh. Daher stammt auch der Name der Medrese, da Schirdor "Haus des Tigers" bedeutet. Eine figürliche Darstellung auf einem islamischen Gebäude, vor allem einer Medrese, ist mehr als ungewöhnlich, da solche normalerweise verboten sind. Dagegen sind auf den beiden Minaretten, sowie auf der Portal Umrandung religiöse Sprüche angebracht. Wer einmal nachschauen möchte, auf der Fassade sollen mehrere der 99 Namen Allahs zu finden sein, sowie mehrere Glaubensbekenntnisse und Lobpreisungen.

Auch das Innere der Medrese ähnelt der Ulug Beg Medrese. So findet man auch hier offene Iwane und die Studentenkammern sind auf zwei Stockwerke verteilt. Es fehlt jedoch eine Wintermoschee. Grund war die Ausrichtung der Medrese, da das Portal in Gebetsrichtung (Mekka) liegt.
Tillya Kari Medrese
Die Tillya Kari Medrese komplettiert den Registan. Sie wurde ebenfalls im 17. Jahrhundert, etwa 30 Jahre nach der Errichtung der Schirdor Medrese erbaut. Sie sollte nicht nur als Medrese, sondern auch als Freitagsmoschee dienen. Ihre Fassade ist an die der beiden anderen angelehnt, die Raumaufteilung weicht jedoch deutlich ab. Dies liegt vor allem daran, dass sie als Moschee genutzt werden sollte. So dient die komplette Westseite als Wintermoschee, deren große blaue Kuppel man bereits von Außen erkennen kann. Der Innenhof wurde als Sommermoschee genutzt, der von einstöckigen Studentenzellen umschlossen wurde. Auch hier findet man wunderschöne Fliesendekorationen.

Heute findet man in allen drei Medresen unzählige Andenkenläden in den kleinen Studentenzellen. Trotzdem sollte man in den ein oder anderen Laden mal einen Blick werfen, da sich oft schöne Wandverzierungen im Inneren finden. Die Verkäufer sind alle sehr freundlich und nicht aufdringlich.
Schah i Sinda
Ein weiteres absolutes Highlight dieser Reise war der Besuch der Gräberstadt Schah i Sinda. Ich muss gestehen, dass ich nicht wirklich eine Vorstellung hatte, was mich hier erwarten würde. Den Namen erhielt der Ort durch die Legende von Kusam ibn Abbas ibn Abd al-Muttalib, dem Cousin des Propheten Mohammed. Dieser soll während des Gebetes von Ungläubigen geköpft worden sein. Da jedoch ein Gebet zu Allah nicht unterbrochen werden darf, ergriff er schnell seinen Kopf und rannte in eine Höhle, wo er sein Gebet beenden konnte. Angeblich lebt er dort bis heute weiter. Schah i Sinda bedeutet "der lebendige König", auch wenn man heute sicher sagen kann, dass Kusam ibn Abbas ibn Abd al-Muttalib niemals in Samarkand war und schon gar nicht sein Grab bzw. seine Zufluchtsstätte hier zu finden ist.

Timur ließ hier eine Reihe von Mausoleen für seine Verwandtschaft und engste Vertraute errichten. Man betritt die Gräberstatdt durch ein großes Portal. Im groben lässt sich die Gräberstraße in eine untere, eine mittlere und eine obere Gruppe einteilen. Ich möchte gar nicht zu sehr ins Detail gehen, wer hier alles ein eigenes Mausoleum hatte. Wer sich die einzelnen Bauwerke genau anschaut, erkennt verschiedene Techniken und die Zunahme an Farbe, je weiter er sich der oberen Gruppe nährt. Die Vollendung von Fliesendekoration, Kuppeln und Holzschnitzereien sucht wohl ihres gleichen. Mich hat es jedenfalls sprachlos zurück gelassen.

Anschließend haben wir noch die Papierfabrik Meros etwas außerhalb von Samarkand besucht. Hier kann man sich anschauen, wie auf traditionelle Art Papier hergestellt wird. Dieses wird aus Maulbeerbaumrinde gewonnen und war früher einen Nebenprodukt der Seidenproduktion. Um die gefräßigen Seidenraupen satt zu bekommen, mussten Unmengen an Maulbeerbaumblättern verfüttert werden. Das zunächst sehr dicke und raue Papier wird anschließend mit Marmor oder Horn poliert, bis es die gewünschte Dicke und Struktur hat. Nach diesem wirklich wunderschönen Tag ging es zurück in das Hotel und danach zum Abendessen.

Nach dem leckeren Abendessen lag es nahe noch einen Spaziergang zum Registan zu machen. Zu dieser Uhrzeit waren keinerlei Touristen mehr auf den Straßen, nur ein paar Einheimischen waren ebenfalls unterwegs. Wir genossen es jedenfalls, diesen tollen Platz mal ohne den ganzen Trubel zu sehen. Es ist überhaupt kein Problem als Tourist oder sogar als Frau alleine abends auf der Straße zu sein. Ich habe mich in keiner Stadt unsicher gefühlt. Das hatte ich ganz anders erwartet, umso angenehmer überrascht war ich und ich würde Usbekistan als absolut sicheres Reiseland (Stand 2019) beurteilen.

Comments